Hochwassermessung per TTN – jetzt auch im Praxistest!

Seitdem im Winter 2016 die ersten Gateways für das Community-Sensornetzwerk The Things Network in Ulm entstanden, beschäftigen wir uns auch im Verschwörhaus mit passenden und vor allem auch gerne witzigen Anwendungsfällen. Gemeinsam mit der Digitalen Agenda der Stadt entstand Ende 2018 die Idee, doch einfach mal zu überprüfen, ob Radverkehrsachsen von Hochwasser betroffen sind. Es gibt nämlich mehrere Stellen, die bei Hochwasser der Donau oder Blau überflutet werden – die Stelle des Donauradwegs unter der Herdbrücke ist beispielsweise so anfällig für Donauhochwasser, dass es sogar eine Schrankenanlage kurz vor der Stelle gibt, die im Überflutungsfall den Radverkehr auf dem Donauradweg über die Altstadt umleitet. Jedenfalls dann, wenn der Baubetriebshof davon Wind bekommen und die Schranken abgesenkt hat. Wir hatten uns deswegen überlegt, Ultraschallsensoren über der Fahrbahn zu montieren. Wie eine Fledermaus schicken diese – über der Fahrbahn hängend – Schallimpulse in Richtung der Fahrbahnoberfläche und messen die Zeit, bis das Echo wieder bei ihnen ankommt. Der Messwert wird dann per LoRaWAN übertragen – und dann legt sich der Sensor wieder „schlafen“, um Energie zu sparen.

Im Frühjahr 2019 wurden die Sensoren im Rahmen des Projekts „Zukunftsstadt“ beschafft und erst einmal im Verschwörhaus getestet. Im Juni 2019 konnte dann der erste Sensor installiert werden – auch eine schöne Sache, wenn man sich als Hack- und Makespace Dinge ausdenkt und dann einige Monate später gemeinsam mit dem Baubetriebshof Sensoren ganz offiziell an Brücken kleben darf!

Was in der Theorie eine gute Idee ist, muss sich aber auch in der Praxis bewähren. Nur wie testet man einen Hochwassersensor? Da sich das temporäre Fluten des Fuß- und Radweges unter der Herdbrücke als keine praktikable Lösung herausstellte, hieß es: warten.

Warten bis zum 29.01.2021. Die Lokalpresse berichtete bereits eifrig seit dem Morgen, die Stadtverwaltung habe den Weg unter der Herdbrücke gesperrt, denn an diesem Tag würde womöglich das aus dem Allgäu über die Iller in die Donau fließende Hochwasser den Donauweg überfluten.

Herdbruecke Graph

Ab 12:45 Uhr konnten wir einen kontinuierlich schrumpfenden Abstand zwischen Sensor und Donauweg verzeichnen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Donaupegel natürlich nicht „eckig“ ansteigt, sondern unser Hochwassersensor nur alle 15 Minuten einen Messwert schickt und dadurch der treppenförmige Abfall des Abstandes zwischen Sensor und Weg bzw. Donau zu Stande kommt. Um 14.00 Uhr war dann auch nichts mehr vom Donauweg zu erkennen, dieser stand nun gut 85 cm unter Wasser.

Hochwasser img

Soweit, so technisch. Dashboards voller Graphen sind technische Spielereien, die man in einem durchschnittlichen Alltag eher weniger gebrauchen kann, daher ein Blick auf die Status-Anzeige unter https://hochwasser.ttnulm.de/. Herdbrücke: Hochwasser. Funktioniert. Cool! Aber was ist mit dem Radweg an der Blau los? Kein Hochwasser? Merkwürdig …

Auch an der Radwegunterführung unter der Eisenbahnbrücke bei der Blau wurde nämlich gemeinsam mit der Stadt ein Sensor angebracht. Dieses Zusammenspiel ist wirklich klasse: Die Unternehmerinitiative hatte die ersten Gateways installiert, weitere Gateways folgten aus der Zivilgesellschaft und weiteren örtlichen Unternehmen, und als zivilgesellschaftliche Gruppe konnten und können wir selber Input und Ideen anliefern, die dann z.B. von der Stadt aufgenommen werden. Dabei fällt auch auf, dass die Erfassung von Daten immer mit Ungenauigkeiten verbunden ist. So schwankte der per Ultraschall gemessene Abstand zur Fahrbahnoberfläche an der Herdbrücke in der Nacht immer wieder um mehrere Zentimeter. Wir dachten – wir sind ja keine Bauingenieur:innen – zuerst, dass das temperaturbedingte Ausdehnungserscheinungen an der Brücke selbst sind. Städtische Ingenieur:innen konnten uns aber davon überzeugen, dass das definitiv nicht der Fall ist: Wenn sich der Abstand der Brückenunterkante zur Fahrbahn wirklich um Zentimeter im Tagesverlauf ändern sollte, wäre das nicht etwa eine normale Erscheinung, sondern baulich wirklich bedenklich! Später kamen wir darauf, dass es eine Temperaturkonstante für die Ausbreitung von Ultraschall gibt, die temperaturabhängig ist – und der Sensor scheint das trotz dem, was auf der Packung steht, nicht zu kompensieren. Puh.

Trotzdem, es war seltsam, dass sich ausgerechnet jetzt, als Hochwasser sein sollte, an der Brücke unter der Blau nichts signifikant zu ändern schien. Also nicht im Bereich weniger Zentimeter, sondern so, dass die Änderung auf eine Überflutung des Radwegs hinweisen würde.

Sensornodes mit LoRaWAN zeichnen sich allgemein durch ihren sehr geringen Energiebedarf aus und die daraus resultierende Möglichkeit, diese autark über eine lange Zeit (1+ Jahre) mit einer Batterie zu betreiben. Das ist super praktisch, wenn man diese z.B. am Radweg entlang der Blau zwischen Ulm und Blaustein montiert. Wir alle wissen aber auch, dass Batterien natürlich genau dann leer gehen, wenn es spannend wird. So natürlich auch passiert beim Eisenbahnbrücken-Hochwassersensor an der Blau. Zwei Tage vor dem Hochwasser ging die Batterie leer – und keiner hat’s gemerkt. Ups. Warum? Der Sensor übermittelt zwar tapfer bis zum letzten Datenpaket seinen Batteriestand, aber es muss halt auch jemand die Daten angucken, auswerten und rechtzeitig hinfahren. Wenn das niemand macht, muss man halt hin, wenn es „spannend“ ist. Allerdings ist „spannend“ im Falle eines Hochwassersensors gleichzusetzen mit „Hochwasser“ und Hochwasser erleichtert jetzt nicht unbedingt die Wartung eben dieses Sensors.

Hochwasser img 2

Hochwasser img 3

Auf den Fotos zu erkennen: Hochwasser macht das Wechseln einer Batterie nicht unbedingt einfacher!

(Fotos und waghalsiger Wartungseinsatz von @dermatthias)

7×7 zu LoRaWAN und OpenTransportMeetup

Auch ohne Veranstaltungen im Hausi gibt’s abendliche Unterhaltung rund um die Themen, die wir sonst so beackern, und heute abend am Mittwoch, dem 4. November gibts gleich zwei Themen parallel zur Auswahl:

7×7 Bildung und Kultur 2020 (ab 19 Uhr)

„Die Macherinnen und Macher von sieben Ulmer Kooperationsprojekten haben sieben Minuten Zeit, ihr Projekt vorzustellen. Dabei ist alles erlaubt. Folienpräsentation, Videoclip, Rede, Konzert oder kleine Show. Wer neue Kooperationseinrichtungen kennenlernen möchte, sich für Ko­operationsmodelle und Ideenumsetzung interessiert, sich vernetzen will oder einfach einen unterhaltsamen Abend genießen möchte, ist herzlich eingeladen.“

Verschwörhaus und LoRaPark sind eines von sieben Themenfeldern an dem Abend, und bei uns geht es um LoRaWAN und TTN:

Lärm messen, Verbrauchszähler auslesen, oder sogar eine selbstgießende Blumenbank – all das lässt sich mit dem Freien Funknetzwerk The Things Network auf Basis der LoRaWAN-Technologie in die Tat umsetzen. Kleinste Datenmengen können damit kostenfrei über weite Entfernungen übertragen werden. Sarah Waschler berichtet, wie die Technik im LoRaPark anfassbar wird, und Jakob Pietron gibt einen Einblick in die Forschungstätigkeiten im Verschwörhaus – und was das alles mit Rissen im Ulmer Münster zu tun hat.

Mehr Informationen gibt es beim Bildungsnetzwerk Ulm. Die Teilnahme ist über Venueless möglich.

OpenTransportMeetup (20 Uhr): Die Community in Frankreich

Das Transportkollektiv trifft sich wie jeden zweiten Mittwoch abends in BigBlueButton. Holger von der Mitfahrdezentrale hat diesen Mittwoch das französische Gegenstück zu unserem Meetup eingeladen. Bertrand Billoud und Wassim Benaïssa werden Kisio Digital und das Open-Source-Routing Navitia vorstellen. Dieses Mal deswegen ausnahmsweise auf Englisch 🙂

Das Meetup ist wie immer im Transportkollektiv-Wiki angekündigt, Einstieg über BigBlueButton von Systect.

Low-Cost-Sensorplatinen für das Internet der Dinge backen!

Am Samstag, dem 3.3. ist Open Data Day, und wir bieten euch nicht nur an, mit uns Feinstaubsensoren aufzubauen – ihr könnt auch euere eigene, Ulmer-Münster-förmige Sensorplatine bei uns im Haus bestücken, verlöten und damit funken.

Am Ende habt ihr für 10 Euro einen münsterförmigen, selbstgebackenen, und voll funktionsfähigen Sender für das Internet der Dinge. In und um Ulm könnt ihr damit eure eigenen Messdaten in The Things Network senden: Die GPS-Koordinaten eures Fahrrads, den Gießbedarf eures Schrebergartens oder wie warm das Wasser an eurer Lieblingsbadestelle ist. Ganz ohne WLAN, ohne SIM-Karte, ohne Kosten – kleine Datenmengen über große Reichweiten eben.

Um kurze Anmeldung per E-Mail an johannes punkt deger at uni-ulm.de wird gebeten – unangemeldet reinschneien ist auch erlaubt, es könnte aber sein, dass dann die Plätze schon voll sind.

Zeitplan
12:30 Uhr: Platinen bestücken und im Lötofen backen
13:30 Uhr: Microcontrollerboard einsetzen und händisch verlöten – hier ist auch gerne ein „Soforteinstieg“ ohne Anmeldung möglich!
14:00 Uhr: Datenpakete senden über TTN!

Vorkenntnisse im Löten sind hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Wir danken der initiative.ulm.digital, die unsere Freiwilligen bei der Entwicklung der Boards gefördert haben!

TTN-Abend am 6. Dezember: Temperaturmessung

Am Mittwoch, dem 6. Dezember ist wieder offener Abend rund um die Themen LoRaWAN und dem darauf basierenden freien Netzwerk TTN, das es auch in Ulm gibt.

Diesen Mittwoch geben die Auszubildenden des kiz an der Uni Ulm zunächst einen kleinen Einblick in ein Projekt, das sie im Rahmen ihrer Summer School begonnen haben und derzeit weiter fortsetzen:

Temperaturmessung an der Bibliothek Uni Ulm

Wir stellen euch unser laufendes Projekt vor in welchem wir TTN und IoT näher bringen, sowie auf Hardware und die Datenübertragung von A nach B eingehen

Danach ist Zeit für offenen Austausch und Platinen aufbauen. Einlass wie immer 18:30 Uhr, Beginn kurz danach 😉

Wer sich selbständig dem Thema nähern möchte, kann auch den Gastvortrag ansehen, den Jaydi beim November-Treffen unseres Schwester-OK-Lab in München gehalten hat:

Und nicht zuletzt war auch das Radio wieder bei uns zu Gast. Maren Haring war ebenfalls bei einem TTN-Mittwoch zu Gast und hat ein fast sechsminütiges Stück für SWR2 daraus gemacht – krass! 🙂

Mittwoch: LoRaWAN, A Maker’s Guide to Filters uvm

Am morgigen Mittwoch haben wir mehr denn je volles Haus! Neben dem STIC-Ubuntu-Kurs des GT Ulm gibts zwei weitere Angebote parallel.

Ab 18:30 treffen sich wieder alle, die an LoRaWAN/The Things Network in Ulm interessiert sind. Unter anderem geht’s aktuell um ein Hands-on-Projekt, wie mit TTN Lampen fernsteuerbar werden.

Ab 20:00 Uhr führt dann Phil in die Welt der Filter ein:

Alles über den praktischen Einsatz von Filtern in der Elektronik.

Von Audiogeräten, über Mikrocontroller, bis hin zu WLAN: Filter gibt es überall. Zusammen lernen wir, wofür man sie braucht, wie sie funktionieren und wie man sie in eigenen Projekten einsetzt.

Wir betrachten praktische Beispiele, benutzen Open-Source-Software für Design und Simulation und werfen auch einen kleinen Blick auf die Filtertheorie.

Also auf auf, verlasst eure Filterblase und schaut vorbei 😀

Titelbild cc-0 – Danke, WikiCommons!

Wo in Ulm gibt’s LoRaWAN?

In den letzten Wochen hatten die Müllfahrzeuge der EBU eine etwas besondere Ladung dabei: Auf dem Armaturenbrett war je ein iTalk MCS 1608 befestigt. Das ist ein LoRaWAN-Gerät, das auch ein GPS-Modul, Beschleunigungssensoren und vieles mehr an Bord hat.

Es ging aber nicht darum, die wahnsinnige Beschleunigung der Ulmer Müllfahrzeuge zu messen, sondern um etwas ganz banales aber wichtiges: Wo überall die Signale eines LoRaWAN-Geräts auch auf eine Basisstation treffen. Und was wäre dafür besser geeignet als eine Fahrzeugflotte, die auch wirklich fast jede Straße in Ulm abfährt!

Mit den so erhobenen Daten ist nun eine grobe Kartierung der Netzabdeckung in der Stadt möglich. Wenn Du einen LoRaWAN-Node hast, kannst du auch mit ttnmapper eigene Messungen machen.

Ein neues Gateway auf dem Eselsberg

Die EBU-Messungen sind indes schon fast wieder obsolet, denn die festgestellte Versorgungslücke auf dem oberen Eselsberg wird nun durch eine Basisstation auf dem Gebäude O26 der Universität geschlossen. Das Institut für Verteilte Systeme und das Institut für Organisation und Management von Informationssystemen hatten Interesse an der Technik gezeigt – und während die Mühlen für die Aufstellung noch mahlten, hat @jaydi_ in bester Uni-Ulm-Tradition kurzerhand an Ostermontag ein Kerlink-Gateway aus dem Verschwörhaus geholt, und es einfach mal aufs Dach gestellt. Wie schon Grace Hopper sagte: It’s easier to ask forgiveness than it is to get permission 😉

Immer auf dem Laufenden bleiben?

Wer immer die aktuellen Geschehnisse rund um LoRaWAN und TTN mitbekommen will, darf gerne dem Twitter-Account @ttn_ulm folgen – oder sich ganz klassisch für den TTN-Ulm-Newsletter anmelden!