Was wir gerade tun

Seit mehr als drei Wochen ist das Verschwörhaus nun geschlossen. Das verursacht bei manchen zwar schon Entzugserscheinungen, ist aber angesichts exponentieller Wachstumskurven der Covid19-Pandemie durchaus geboten. Es ist aber nicht so, als würden alle bei uns Aktiven nur zuhause sitzen und Däumchen drehen – ganz im Gegenteil, die vergangenen Wochen waren voller Aktivitäten, von denen wir hier kurz berichten wollen.

Jugend hackt: Geht auch dezentral!

Foto CC-BY 4.0 Jugend hackt, Foto: Leonard Wolf

Den Anfang macht die tolle Jugend-hackt-Community, die auch in Zeiten von distant socializing Wege gefunden hat, beisammen zu bleiben. Einem Wunsch der Jugendlichen in der Jugend-hackt-Austauschplattform Zulip folgend entstand binnen vier Tagen ein gemeinsamer Remote-Hackathon vom 19. bis zum 22. März 2020. Selbst für einen abendlich eingespielten Music-Act war dort Raum – eine spannende Erfahrung in Zeiten, in denen gerade sehr viel über Videokonferenzplattformen abläuft.

Videokonferenzplattformen sind auch das Mittel der Wahl, um im Jugend-hackt-Lab Ulm weiterzumachen. Der eigentlich als Präsenzveranstaltung geplante Ferienworkshop mit der e.tage findet diese Woche per Videotelko statt – Organisator Mat Loewe hat gemeinsam mit unserem Lab-Koordinator Tom in Windeseile ein Online-Alternativprogramm aus dem Boden gestampft, das derzeit läuft.

Auch der kommende Lab-Workshop am 17. April wird auf ähnliche Weise online stattfinden. Das hat zudem den Vorteil, dass wir Menschen als MentorInnen zuschalten können, für die ansonsten die Anreise aus Hamburg für einen Nachmittag gar nicht so einfach wäre – aus der Not wird so eine Tugend gemacht!

Amtshilfe und Videokonferenzsoftware

Damit das überhaupt funktionieren kann, leisten viele Menschen aus dem Verschwörhaus-Umfeld gerade Amtshilfe auf dem kleinen Dienstweg. Wir haben die Diskussion über kommerzielle Videokonferenzdienste aufmerksam verfolgt und uns dazu entschieden, auf Freier/Open-Source-Software basierende Lösungen auszuprobieren.

Wir haben uns hier für BigBlueButton entschieden, das ist eine Lösung, die vor allem aus der Onlinelehre kommt (und manchmal sieht man das dem System auch deutlich an). Max hat kurzerhand eine der Maschinen im Verschwörhauskeller dafür hergenommen und eine simple Installation hochgezogen, die wir seither verwenden. Das reicht vom Jugend hackt Lab über Orga-Telkos in verschiedensten Konstellationen bis hin zu städtischen Beschäftigten, die das System nutzen, wenn sie es benötigen. Seit gestern ist auch die Einwahl über klassisches Telefon möglich. Mehr zum Hintergrund, wie Verschwörhaus und Digitale Agenda gerade die städtischen Beschäftigten unterstützen, findet sich auch auf ulm.dev.

We averaged about 5-1/2 hours sleep apiece, and we are estimating that the sleep was good.

A propos BigBlueButton. In den Osterferien rollen die Fellows der Digitalen Agenda gerade das BigBlueButton-System für testwillige Schulen in Ulm aus. Die Fellowship ist eine Idee, die schon 2012/13 in Deutschland umzusetzen versucht wurde, angelehnt an die Code for America Fellowship: Menschen aus dem Civic-Tech-Umfeld (wie dem Verschwörhaus) kommen eine begrenzte Zeit in die Verwaltung, um mit ihrem Wissen Dinge voranzutreiben. Bislang waren die drei Ulmer Fellows sehr in zwei Förderprojekten eingebunden, über die ihre Stellen überhaupt geschaffen werden konnten. In der aktuellen Lage zeigt sich aber, wie dynamisch eine Verwaltung agieren kann, wenn sie die passende Expertise und Luft für Zusatzprojekte im eigenen Haus hat. Gemeinsam mit der Abteilung Bildung und Sport soll jetzt eine Sofortmaßnahme angestoßen werden, damit erste Schulen direkt nach den Osterferien versorgt werden können – und zwar ohne sie an proprietäre Produkte zu binden. Zitat:

Es wurde […] die Apollo 13 Metapher bemüht. Wir sollen jetzt in einem kleinen Team den “CO2 Filter” bauen und […] eine Einkaufsliste geben was wir brauchen

Die Zwischenüberschrift ist entsprechend aus dem Funkmitschrieb von Apollo 13 😉

Mehr zu diesem Projekt wird es in den kommenden Tagen als Erfahrungsbericht und Anleitung zum Nachmachen auf ulm.dev geben.

Masken und MakerVsVirus

Auch die Maker-Community engagiert sich, das Ihre beizutragen. Unter dem Titel Maker vs. Virus haben sich Fablabs, Hackspaces oder einfach nur Menschen mit 3D-Druckern zusammengetan, um passende Halterungen für Gesichtsschilde zu drucken. Diese können mit einer Folie versehen werden und reduzieren so den Kontakt von Aerosol mit dem Gesicht und vor allem dem Respirationstrakt der Tragenden.

In Ulm wurde recht schnell ein Hub eingerichtet, über den sich die hier Aktiven organisieren. Seit vergangener Woche produzieren das Verschwörhaus und das in unserem Hauskomplex untergebrachte Digitalisierungszentrum auf den jeweiligen Druckern passende Halter – und die Nachfrage ist durchaus da. Aus unserem Budget wurde vergangene Woche eine Bestellung über mehrere hundert Euro Filament ausgelöst, das wir hoffentlich bald anderen Makern in der Region bereitstellen können, die kostenfrei für medizinisches Personal produzieren möchten.

lokalwirkt: Öffnungszeiten und Lieferdienste

Aus der Code-for-Germany-Community entstand unterdessen in den vergangenen zwei Wochen die Plattform lokalwirkt.de

Das System basiert auf Einträgen von OpenStreetMap und erlaubt es, aktuell geänderte Öffnungszeiten, aber auch Liefer- und Abholmöglichkeiten einzutragen. Es baut von Anfang an auf Open Data auf und spielt die gesammelten Daten auch über eine Programmierschnittstelle aus, so dass es in beliebigen anderen Anwendungen nachgenutzt werden kann. So kannst du hier eintragen, wenn dein Lieblingsrestaurant auf Anruf Essen kocht und dann zu bestimmten Zeiten zur Abholung offen ist.

Die Plattform wird laufend weiter entwickelt – an manchen Stellen hakt es noch etwas. Wer sich beteiligen möchte, darf gerne auf Github mitentwickeln!