Code of Conduct

Verhaltenskodex des temporärhaus

Als temporärhaus-Gemeinschaft haben wir uns als Ziel gesetzt, allen Menschen die unsere Welt aktiv mitgestalten und verbessern wollen einen passenden Ort und Safe Space zu bieten. Wir begrüßen Menschen die sich mit technischem, kreativem, nachhaltigem, (netz-)politischem Engagement oder anderen Mitteln für eine Gesellschaft einsetzen, die solidarische, feministische und emanzipatorische Werte lebt. Das heißt nichts anderes, als dass wir a) gegen jede Form der Diskriminierung von Menschen aufgrund beispielsweise ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Herkunft oder ihrer Fähigkeiten sind und b) aktiv dafür arbeiten, dass alle Menschen selbstbestimmt und ohne Benachteiligung durch andere leben und sich verwirklichen können.

Gemeinsam schaffen wir hier einen Ort, an welchem wir ohne Diskriminierung und in angenehmer Atmosphäre neue Dinge ausprobieren, lernen und uns aktiv einbringen können. Damit wir uns dabei alle wohlfühlen und gerne immer wieder kommen, haben wir in diesem Code of Conduct (CoC) — zu deutsch ungefähr ‘Verhaltenskodex’ — aufgeschrieben, auf welche Grundregeln wir im gemeinsamen Umgang achten.

Besonders die Techszene ist aktuell leider wenig divers, was wir schade und langweilig finden. Hierfür sind oftmals im Hintergrund gewachsene und nach Außen hin unsichtbare Machtstrukturen ursächlich, die es benachteiligten Gesellschaftsgruppen wie zum Beispiel Frauen, People of Color oder Menschen mit Behinderung erheblich erschweren, gleichberechtigt an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Die temporärhaus-Gemeinschaft priorisiert daher die Sicherheit marginalisierter Menschen über den Komfort von privilegierter Menschen.

Wer auch immer bei uns an Veranstaltungen teilnimmt oder im temporärhaus generell aktiv ist, erklärt sich bereit, diesen CoC einzuhalten.

Dein Engagement im temporärhaus

Wir freuen uns, wenn du dich mit den Zielen des temporärhaus identifizieren kannst und dich mit und bei uns engagierst. Mit deinem Handeln bist du, wie wir alle, direkt mitverantwortlich für die Atmosphäre in unseren Räumlichkeiten und auf unseren Veranstaltungen. Mache dir deshalb bitte kurz bewusst, dass ein respektvoller Umgang miteinander ebenso unumgänglich ist wie die Grundregel, dass hier alle Menschen so akzeptiert werden, wie sie sind.

Konkret heißt das für uns, dass wir

  • … uns gegenseitig ausreden lassen und uns einander zuhören.
  • … die Meinung anderer respektieren, auch wenn sie von der eigenen abweicht. Dies gilt, solange Meinungen nicht im Konflikt mit unseren Zielen und Grundwerten stehen. Mehr zu unseren Grundwerten folgt im Detail weiter unten.
  • … wir einander bereitwillig helfen.
  • … wir auf unsere Mitmenschen und unsere Umgebung achten. Das heißt beispielsweise, dass wir hinter uns aufräumen und genutzte Orte sauber hinterlassen, dass wir nicht unnötig laut oder anderweitig störend sind, und dass wir nachhaltig mit unseren Ressourcen umgehen.

Im temporärhaus kommen verschiedene Menschen mit vielen unterschiedlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Hintergründen zusammen. Wir verstehen das als große Chance, denn aus Diversität heraus können wunderbare Dinge entstehen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass wir alle Personen unabhängig von ihrem Interessensspektrum so respektieren wie sie sind und wir alle Fähigkeiten und Kenntnisse als gleich wertvoll erachten. Bitte achte darauf, individuelle Stärken oder Schwächen, technische Ausstattung oder persönliche Vorlieben nicht herablassend oder belästigend zu kommentieren, sondern versuche eher interessiert von anderen zu lernen und neue Dinge auszuprobieren.

Wichtig ist uns hierbei, Bezug zu nehmen auf die Hacker*innen-Ethik, die wir in unseren Räumen und Veranstaltungen aktiv fördern. Falls du die Hacker*innen-Ethik noch nicht kennen solltest, kannst du dir gerne das oben verlinkte Video dazu ansehen, oder beim Chaos Computer Club eine textuelle Version nachlesen.

Unsere Grundwerte und allgemeine Regeln im gemeinsamen Umgang

Neben den bisher genannten, eher allgemeinen Umgangsformen, gibt es einige weitere Verhaltensweisen, die wir in unserer Gemeinschaft und in unseren Räumlichkeiten als selbstverständlich ansehen:

  • Wir respektieren, wie unser Gegenüber angesprochen werden möchte. Das bezieht sich nicht nur auf den Namen, sondern auch auf die Pronomen (z.B. sie, es, xie, they oder er). Bist du dir unsicher, mit welchen Pronomen eine Person angesprochen werden möchte, kannst du sie einfach fragen oder gegenderte Sprache vermeiden, indem du den Namen der Person verwendest.
  • Sei integrativ und unterstützend gegenüber Personen, die weniger selbstbewusst sind oder andere, bzw. verschiedene Arten der Kommunikation nutzen. Dadurch erhalten alle die Gelegenheit, sich einzubringen.
  • Kommentare über Lebensstil und Angewohnheiten anderer Personen, einschließlich Ernährung, Gesundheit, Elternschaft, Drogen und Beschäftigungen sind unerwünscht und sollten vermieden werden.
  • Wir respektieren die Grenzen unseres Gegenübers; seien es körperliche, verbale oder non-verbale.
  • Fehler passieren allen. Das ist auch gut so, denn Fehler bieten meist die Chance, immens dazu zu lernen. Wir wollen deshalb mit Fehlern wertschätzend umgehen.
  • Fotografieren ist in unseren Räumen grundsätzlich willkommen, hierbei achten wir aber darauf Personen nicht gegen ihren Willen zu fotografieren. Fotos von Bildschirmen oder von persönlichen Projekten insbesondere in Lab- und Werkstattbereichen dürfen nur mit Einverständnis der Besitzer*innen erstellt und geteilt werden. Eindeutig als öffentliche Ausstellungsgegenstände erkennbare Exponate oder Dekoration sind hiervon nicht betroffen.

Auch wenn uns eine gute Fehlerkultur wichtig ist und Fehler menschlich sind, gibt es bestimmtes Verhalten und Gedankengut, das bei uns niemals Platz hat. Dazu zählen:

  • Diskriminierung, z.B. in Form von Sexismus, Rassismus, Klassismus oder Ableismus
  • Gewalt oder Androhung von Gewalt in jeglicher Form, d.h. sowohl physisch als auch psychisch
  • Vorsätzliches “outen” eines beliebigen Identitätsaspekts einer Person ohne deren explizite Einwilligung
  • Berührungen und Intimität ohne gegenseitiges Einverständnis
  • Hassrede oder Beleidigungen
  • Sexuelle Übergriffe, sexualisierte Sprache und Handlungen sowie unangemessene, sexualisierende Darstellungen
  • Stalking und Verfolgung
  • Beabsichtigte Einschüchterung

Verhalten dieser Art wird von uns in keiner Form toleriert. Dabei spielt auch keine Rolle, ob es ernst oder als Scherz gemeint ist.

Was, wenn doch mal etwas passiert (ist)?

Solltest du im temporärhaus in eine Situation kommen, in der du dich unwohl fühlst, dann sprich uns bitte an! Das gilt sowohl, wenn dir selbst etwas widerfahren ist, als auch, falls du unangemessenes Verhalten beobachtet haben solltest. Du kannst dich in solchen Fällen immer an Personen aus unserem Vorstand wenden — egal ob vor Ort oder online. Für uns steht an erster Stelle, gemeinsam Wege zu finden, unerwünschte, unangenehme oder gefährliche Situationen nachhaltig zu verhindern, damit du dich wieder wohlfühlen kannst.

Sollten Menschen durch belästigendes Verhalten auffallen, behalten wir uns das Recht vor, diese durch Maßnahmen wie Ermahnungen oder der Erteilung von temporärem oder permanentem Hausverbot für unsere Räume, unsere digitalen Räume und unsere Veranstaltungen zu sanktionieren. Auch Vorfälle außerhalb unserer physischen und digitalen Räumlichkeiten zu jedem beliebigen Zeitpunkt, die mit dem temporärhaus oder den dort aktiven Menschen in Verbindung stehen, können sanktioniert werden. Der Vorstand kann sich nach eigenem Ermessen Beratung einholen, sowie Personen oder Ereignisse benennen und thematisieren, über die Belästigungsbeschwerden vorliegen. Auch können Dritte darüber unterrichtet werden, wenn dies der Sicherheit von Personen dient.

Wir werden niemals Betroffene benennen, ohne vorher ihre explizite Zustimmung einzuholen.

Was passiert, wenn du uns etwas meldest?

Zunächst einmal wollen wir gemeinsam in einem Gespräch mit dir herausfinden, was konkret vorgefallen ist, um zusammen zu entscheiden, wie die nächsten Schritte aussehen sollen. Wir behandeln alle Meldungen vertraulich.

Danach besprechen wir im Vorstand das weitere Vorgehen, über das wir mit dir im Austausch bleiben. Dabei kann es sich z.B. um ein klärendes Gespräch, oder in schlimmen Fällen um Sanktionierung einzelner Personen handeln. Wichtig ist uns dabei immer, dass das temporärhaus ein geschützter Raum ist und bleibt - oder nach einem Vorfall zügig wieder werden kann.

Abschließende Erklärungen und Referenzen

Wenn du Fragen zu diesem Code of Conduct oder zum temporärhaus generell hast, kannst dich jederzeit gerne an unseren Vorstand wenden. Auch wenn du dir nicht sicher bist, ob das temporärhaus der richtige Ort für dich ist - sprich uns ebenfalls gerne an!

Danke für das Lesen und Leben dieses Code of Conducts!

  WORK IN PROGRESS Dies ist die erste Fassung unseres Code of Conducts - wir freuen uns über Anmerkungen, Verbesserungsvorschläge und Ideen für die nächste Version, die wir ca. im November gemeinsam erarbeiten.

Attribution

Dieser Code of Conduct basiert in Teilen auf dem Code of Conduct von Jugend hackt (CC-BY 4.0). Bei der Erstellung dieses Code of Conducts haben wir weitere Inspiration von anderen Code of Conducts mitgenommen, die wir hier ebenfalls als Quellen erwähnen möchten:

Analog zu dem Code of Conduct von Jugend hackt, ist dieser Text ebenfalls unter Creative Commons 4.0 Attribution lizenziert.